Auch Energie hat einen eigenen Markt, auf dem verschiedene Energieformen wie Strom, Erdgas, Erdöl und erneuerbare Energien gehandelt werden. Energie ist ein greifbares Gut und eine grundlegende Ressource, um Gesellschaften und Industrien am Laufen zu halten. Die Preisbildung auf dem Energiemarkt folgt nicht nur marktwirtschaftlichen Prinzipien, sondern wird auch durch externe Faktoren wie Wetterbedingungen, geopolitische Ereignisse, die Energiewende und wirtschaftspolitische Steuerungsmechanismen beeinflusst. In diesem Kontext spielt der Energiehandel eine zentrale Rolle, bei dem Energie zwischen Tradern (dt.: Händler) oder an der Strombörse – hier treffen sich Angebot und Nachfrage und wird der nationale Strompreis festgelegt – gekauft und verkauft wird. Auch Alperia operiert über seine Tochtergesellschaften Alperia Trading (Energiehandel), Alperia Green Power (Stromerzeugung), Edyna (Stromverteilung) und Alperia Smart Services (Endkundenversorgung) in diesem Sektor.
Die Akteure des Strommarktes
Das Stromsystem umfasst die Erzeugung von elektrischer Energie, den Transport über Hoch-, Mittel- und Niederspannungsleitungen (verwaltet von Terna und lokalen Verteilern wie Edyna in Südtirol) bis zur Lieferung an den Endkunden. Der Strommarkt hingegen bildet den wirtschaftlichen Teil dieses Systems und umfasst den Energiehandel an der Börse.
„Für einen freien Markt ist es wichtig, dass jede Phase von unterschiedlichen Unternehmen abgedeckt wird“, erklärt Emma Ghezzi, Asset Managerin bei Alperia Trading. „Virtuell bietet der Produzent also seine Energie direkt oder über Trader an der Strombörse an. Dort wird der nationale Einheitspreis für Energie festgelegt, an dem sich alle Angebote für den Endverbraucher orientieren.“
Der Netzbetreiber Terna hat die Kontrolle der Stromproduktion inne: Da Energie nicht in großen Mengen speicherbar ist, muss die produzierte Menge sofort ins Netz eingespeist werden. Dafür ist ein kontinuierliches Ausbalancieren notwendig. Terna fordert von den Produzenten stündlich eine Anpassung der Produktion an die Netzanforderungen (innerhalb festgelegter Grenzen), um ein Gleichgewicht zu gewährleisten und Blackouts zu vermeiden. Außerdem ist Terna für den Hochspannungstransport zuständig, während Mittel- und Niederspannungsnetze von lokalen Verteilern betrieben werden.
Weitere Akteure auf dem italienischen Strommarkt – neben Produzenten und Händlern – sind der GME (Gestore Mercati Energetici) , der Organisations- und Verwaltungsfunktionen innehat, und die Regulierungsbehörde ARERA, die den gesamten Markt überwacht.
Der Markt: Spot- und Terminhandel
Der Stromhandel findet an der italienischen Strombörse statt, die aktuell noch auf Stundenbasis abgewickelt wird (ab Januar 2025 im Viertelstundentakt). „Es gibt den Spotmarkt, auch ‚Promptmarkt‘ genannt, und den Terminmarkt“, erklärt Ghezzi. „Auf dem Spotmarkt werden Produkte für zeitnahe Termine gehandelt, also für heute oder morgen. Der Terminmarkt hingegen handelt mit Energie, die in der Zukunft erzeugt wird.“ Der Terminmarkt dient dazu, zukünftige Energieangebote zu einem heute festgelegten Preis zu sichern und das Risiko künftiger Marktschwankungen zu minimieren.
In der Praxis zahlt der Endkunde den Betrag seiner Stromrechnung an den Anbieter, der den Strom virtuell an der Börse erwirbt, vom Trader oder direkt vom Produzenten. Der Trader kann den Strom allerdings auch direkt vom Produzenten beziehen und an den Kunden weitergeben. „Italien ist in sechs Marktzonen unterteilt, in denen eine Balance zwischen Angebot und Nachfrage und damit ein Gleichgewichtspreis sichergestellt wird. Infolge werden Energiemengen von günstigeren Regionen (meist Süditalien, bedingt durch die hohe Anzahl an Solar- und Windkraftanlagen) in teurere Regionen verschoben. So entsteht ein Preis, der die verschiedenen Marktzonen und Transitschranken zwischen den Zonen berücksichtigt“, so die Expertin.
Wie ensteht der Energiepreis?
Der Preis auf der Stromrechnung ist an den nationalen Einheitspreis PUN (Prezzo Unico Nazionale) gebunden, der sich täglich auf der Plattform des GME bildet. Dieser Preis basiert auf den Kauf- und Verkaufsangeboten sämtlicher Marktteilnehmer in Italien und hängt somit von deren Angebotsstrategien ab. Die Angebote der Energieversorger orientieren sich an diesem Wert. Auf der Website des GME gibt es detaillierte Informationen zur Preisentwicklung und zu den täglichen Ergebnissen des PUN sowie der zonalen Preise.
Für den Energieverkauf wird der zonale Preis herangezogen, also der Gleichgewichtspreis der einzelnen Marktzonen. „Und zwar, um zu verhindern, dass Erzeuger aus Norditalien, die aufgrund unterschiedlicher Anlagentypen höhere Produktionskosten haben, gezwungen sind, ihren Strom zu Niedrigpreisen zu verkaufen und schließen müssen“, zeigt Emma Ghezzi auf. Sie weist darauf hin, dass sich die PUN-Regulierungen derzeit im Wandel befinden: „In den kommenden Jahren wird dieses Konzept voraussichtlich abgelöst.“
Faktoren, die den Strompreis beeinflussen, sind unter anderem die Wetter- und Klimabedingungen: Insbesondere im Winter und Sommer, wenn der Energiebedarf für Heizung und Kühlung steigt, liegt der Preis tendenziell höher. Windige oder sonnige Tage senken den Preis, da hohe Erträge aus Wind- oder Solarenergie zum Nulltarif eingespeist werden müssen – sie sind nicht speicherbar und müssen somit umgehend abgenommen werden. Zusätzlich hat auch der Gasmarkt und damit die internationale Politik einen Einfluss auf den Strompreis.
Wer reguliert den Markt?
Die Regulierung des Strommarktes obliegt der italienischen Regulierungsbehörde für Strom und Gas ARERA. Die Behörde stellt sicher, dass die Angebote der Energiehändler marktgerecht und transparent sind. Die maßgebliche Rechtsgrundlage für die Tätigkeit von ARERA ist der italienische Netzkodex, der seit 1. November 2005 in Kraft ist. Der Kodex wurde gemäß den Bestimmungen des Dekret des Ministerpräsidenten vom 11. Mai 2004 zur Vereinheitlichung von Eigentum und Betrieb des Netzes sowie auf der Grundlage der Richtlinien von ARERA gemäß Beschluss Nr. 250/04 erstellt und unterliegt einem kontinuierlichen Aktualisierungsprozess. Verstoßen Marktakteure gegen den Netzkodex und die Transparenz, können gegen sie Strafen, auch in erheblichem Umfang, verhängt werden. „Darüber hinaus“, merkt Ghezzi an, „gibt es verschiedene Arten von Risiken: Marktrisiken, die sich aus Preisschwankungen ergeben; Kreditrisiken, also das Risiko, Verpflichtungen nicht erfüllen zu können, falls die Gegenparteien in Verzug geraten; und Liquiditätsrisiken.“
Wie wird Energie programmiert?
Bei Alperia beschäftigt sich der Trader neben dem Kauf und Verkauf von Energie auch mit der Programmierung. „Alperia betreibt zwei Arten von Wasserkraftwerken: Speicherkraftwerke und Laufwasserkraftwerke. In den Speicherkraftwerken haben wir im Wesentlichen eine Absperrung (einen Staudamm), die einen künstlichen See schafft. Von dort führt ein Tunnel, der normalerweise in den Felsen gegraben ist und auch mehrere Kilometer lang sein kann, das Wasser aus dem Reservoir zur Turbine in der Zentrale. Dort ermöglicht ein Wasserschloss Schwankungen des Wassers, falls das Ventil, das das Wasser zur Turbine leitet, abrupt geschlossen wird. Nach dem Schloss beginnt der Druckschacht, der die Schwerkraft nutzt, um das Wasser mit maximaler Kraft in die Zentrale zu leiten. Unterhalb befindet sich die Zentrale mit den Turbinen, die Energie erzeugen, während das Wasser flussabwärts ins Bett abgegeben wird“, erklärt Ghezzi. „In den Laufwasserkraftwerken gibt es ein Wehr entlang eines Flusses, das das Wasser in ein kleines Auffangbecken leitet, das normalerweise nicht wie ein echtes Reservoir genutzt werden kann, von dem aus der Tunnel und die Druckleitung abgehen.“
Die Aufgabe des Programmierers besteht darin, eine stündliche Produktion für alle Anlagen zu definieren, das heißt, festzulegen, wie viele Megawatt jede Turbine jeder Zentrale pro Stunde produzieren soll. Diese Berechnung erfolgt auf Grundlage der eingehenden Wassermengen und den für die folgenden Tage prognostizierten Mengen (basierend auf Niederschlägen, Schneeschmelze usw.), den geplanten Arbeiten an den Anlagen (Austausch von Ventilen, Austausch von Rohrleitungen usw.), den von Terna auferlegten Netzbeschränkungen, den Managementstrategien, den landschaftlichen und touristischen Einschränkungen, den Abflussgrenzen für die Fischerei und Landwirtschaft sowie den Sicherheitsvorschriften an den Hängen.
Es gibt Unterschiede in der Verwaltung von Speicherkraftwerken und Laufwasserkraftwerken: In Speicherkraftwerken gibt es mehr Spielraum, da der Speicher als Batterie betrachtet werden kann, und das Speichern von Wasser bedeutet in der Tat, Energie zu speichern. Sehr kleine Speicher füllen sich in einem Tag und leeren sich, während größere Speicher wöchentlich oder sogar saisonal gefüllt und geleert werden können. In Laufwasserkraftwerken hingegen wird nur der Zufluss genutzt, der täglich im Fluss ankommt, ohne die Möglichkeit, die Turbine anzuhalten oder ihre Produktion zu erhöhen oder zu verringern. „In meinem Team, das am Spotmarkt tätig ist, schätzen wir ab, wie viel Wasserzufluss am nächsten Tag stündlich ankommen wird. Es ist keine exakte Wissenschaft; es ist schwierig, den Beginn und das Ende eines Niederschlagsereignisses sowie die Menge an Wasser, die tatsächlich in den Fluss fließt, vorherzusagen“, sagt Ghezzi.
Die Energieprogrammierung erfolgt außerdem nicht auf der Grundlage des Energiebedarfs der Kunden, sondern ausschließlich auf der Grundlage der Optimierung des Kraftwerksparks innerhalb eines Kalenderjahres oder über mehrere Jahre. Dies ist notwendig, um die Einhaltung der Beschränkungen und Wartungsarbeiten zu berücksichtigen. Für Alperia hat die Sicherheit für die Zivilbevölkerung und die Umwelt sowie die Ableitungen für die Landwirtschaft Priorität bei der Verwaltung der Anlagen. Unter Berücksichtigung all dieser Beschränkungen erfolgt dann eine Optimierung der Wasserressourcen. Falls die von den betriebenen Anlagen erzeugte Energie nicht ausreicht, wird sie von anderen Produzenten bezogen.
Arbeiten als Trader
Um Energiehändler zu werden, ist eine technische Ausbildung erforderlich, typischerweise in Wirtschaft, Ingenieurwesen oder Mathematik. Es handelt sich um einen Beruf, der nur schwer durch Künstliche Intelligenz ersetzbar ist. Zwar können einige Abläufe automatisiert werden, aber da es sich um sensible und komplexe Anlagen handelt, müssen täglich zahlreiche Entscheidungen getroffen werden, bei denen der menschliche Faktor entscheidend bleibt. „Ich persönlich habe mich für diesen Beruf entschieden, weil ich zu einer saubereren Welt beitragen möchte, und die Energieerzeugung aus Wasser hat mich immer fasziniert“, erklärt Ghezzi. Weiters meint sie: „Oft können sich Kunden den enormen Aufwand hinter der Verwaltung einer Stauanlage oder eines Wasserkraftwerks gar nicht vorstellen. Täglich stehen Wartungsarbeiten an, oft müssen wir die Pegel in den Speichern deutlich absenken, und der Klimawandel konfrontiert uns mit extremen Situationen wie Dürren oder heftigen Regenereignissen, die besonders heikel sind. Doch Wasser ist das wertvollste Gut, das wir haben, und es zu verwalten ist eine äußerst verantwortungsvolle Herausforderung.“